Stellungnahme des ÖFR bzgl. der geplanten Anhebung des Pensionsantrittsalters von Frauen
Verschlimmerung bereits vorhandener Benachteiligungen: Österreichischer Frauenring ist strikt gegen eine vorzeitige Erhöhung des Frauenpensionsantrittsalters
Der Österreichische Frauenring lehnt die geplante Erhöhung des gesetzlichen Pensionsalters für Frauen strikt ab. Stattdessen fordert der ÖFR eine Rückkehr zu aktiver Gleichstellungs- und Menschenrechtspolitik, die historische Ungleichbehandlungen umfassend abbaut.
In den 1990er Jahren wurde eine stufenweise Anhebung des Pensionsalters für Frauen beschlossen, die dazu führen soll, dass bis zum Jahr 2033 sowohl Männer als auch Frauen bis zum Alter von 65 Jahren arbeiten. Hinter diesem Beschluss stand jedoch die Vereinbarung, dass bis zur schrittweisen Anhebung des Pensionsalters die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen der Gesellschaft erreicht ist.
Von diesem Ziel ist Österreich weit entfernt: Die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen ist eine der größten in Europa. Zudem sind Frauen in politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entscheidungsgremien nicht angemessen vertreten.
Frauen sind überproportional armutsgefährdet und in einem erschreckenden Ausmaß von Gewalt betroffen. Tatsache ist, dass Frauen zwei Jahre früher in Pension gehen als Männer – während der Hauptteil unbezahlter Arbeit von Frauen geleistet wird: Allein die geschätzte Wertschöpfung der – meist von Frauen – ausgeübten unbezahlten Tätigkeiten im Haushalt, Betreuung von Kindern sowie Betreuung und Pflege von kranken und pflegebedürftigen Angehörigen beträgt ca. 35. Milliarden Euro pro Jahr. Von einer umfassenden Gleichstellung der Geschlechter kann daher keine Rede sein.
Der Abbau von Rechten trifft in der Regel benachteiligte Gruppen besonders hart, und führt zu mehr Ungerechtigkeit, Ungleichheit und gesellschaftlicher Desintegration. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten werden hart erkämpfte Standards der Menschenrechte in Frage gestellt. Der Bereich der Gleichstellungspolitik ist davon besonders stark betroffen.
PolitikerInnen müssen sich wieder um die Erfüllung der allgemeinen Menschenrechte und um Gleichstellung, insbesondere auch der wirtschaftlichen und sozialen Rechte aller Menschen kümmern. Nach Einsparungsmöglichkeiten muss an den richtigen Stellen gesucht werden. So brächte beispielsweise eine Strukturreform große Einsparungen. Es ist jedoch nicht vertretbar, dass Sparmaßnahmen, bei denjenigen ansetzen, die ohnehin von Benachteiligungen betroffen sind.
Wir dürfen das Wirtschafts- und Finanzsystem darf nicht länger den Menschenrechten überordnen. Nur dadurch kann ein weiteres Ansteigen von Ungleichheit, Ungerechtigkeit und Diskriminierung verhindert werden.
Neben einem neuen Gleichstellungspaket ist aber auch eine Debatte darüber dringend notwendig, welche Formen von Arbeit und sozialer Absicherung es für alle Menschen geben soll. Es muss auch um Qualität der Arbeit, um angemessene Entlohnung und um umfassende Absicherung gegen Risiken des Lebens wie Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit und eben auch Alter gehen.
Solange keine gesamtgesellschaftliche Gleichstellung der Geschlechter erreicht ist, kann eine Erhöhung des Frauenpensionsantrittsalters aus Sicht des ÖFR jedenfalls nicht zur Diskussion stehen. Der Österreichische Frauenring lehnt solche Überlegungen vehement ab und fordert eine angemessene Gleichstellungs- und Menschenrechtspolitik.
Die vorgesehen Anhebung des Pensionsantrittsalters bedeutet negative Auswirkungen für einen Großteil der Frauen und würde die vorhandenen gesellschaftlichen Benachteiligungen nur noch verstärken.