50 Jahre Familienrechtsreform: Meilenstein für Frauen und viele Baustellen
„Am 1. Juli 1975 wurde die größte Familienrechtsreform in Österreich beschlossen, die den Mann als Oberhaupt der Familie abschaffte und Frauen endlich Selbstbestimmung ermöglichte. Ein Meilenstein gegen das Patriarchat, erkämpft vor allem von Österreichs erster Frauenministerin und der Vorsitzenden des Österreichischen Frauenrings, Johanna Dohnal, gemeinsam mit zahlreichen mutigen Frauen, darunter auch die Gründerinnen des Frauenringes, Hertha Firnberg und Lola Solar“, so Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings.
„Inzwischen sind Frauen zwar rechtlich gleichstellt, von einer tatsächlichen Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen sind wir aber weit entfernt. Gerade der Backlash der letzten Jahre hat gezeigt, dass Frauenrechte noch immer sehr fragil sind und dringend weiter gestärkt werden müssen“, sagt Frieben.
So muss der Schwangerschaftsabbruch endlich straffrei, kostenfrei und flächendeckend möglich sein, die messbaren Faktoren wie Gender Pay Gap, Gender Pension Gap oder Gender Care Gap müssen mithilfe von Maßnahmen wie dem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr und der Beseitigung der Einkommensunterschiede endlich effektiv bekämpft werden. Der von der Regierung beschlossene Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen und Mädchen ist ein enorm wichtiger Schritt im Gewaltschutz.
Die aktuellen Auswirkungen der prekären budgetären Situation vor allem auf Frauen beobachtet der Frauenring jedoch mit großer Sorge. „Uns ist bewusst, dass das Budget konsolidiert werden muss, aber nicht zu einem großen Teil auf Kosten von Frauen und Kindern“, so Frieben. Zahlreiche Maßnahmen wie die Aussetzung der Valorisierung der Familienleistungen oder auch die Nichtvalorisierung der Förderungen der Beratungseinrichtungen werden besonders Frauen treffen. Ebenso die Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionist:innen, da Frauen durchschnittlich sehr viel niedrigere Pensionen beziehen.
Der Österreichische Frauenring appelliert daher an die Regierung, die weitere Budgetkonsolidierung sozial gerecht und geschlechtergerecht zu gestalten. „Es ist höchst an der Zeit, den gerechten Beitrag von denjenigen einzufordern, die die größten Vermögensanteile in Österreich besitzen oder die von hohen Förderungen profitiert haben, während Einrichtungen, die vor allem Frauen durch die Corona Krise begleitet haben, leer ausgegangen sind“, so Frieben.
„Frei nach unseren Grundsätzen für alle Frauen ein ökonomisch unabhängiges, selbstbestimmtes und vor allem gewaltfreies Leben zu sichern, appellieren wir an die Regierung, keine weiteren Streichungen für Frauen und Familien durchzuführen, um die Armutsgefährdung nicht noch weiter zu verstärken. Auch müssen der Gewaltschutz und der kommende Nationale Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen und Mädchen im Sinne der Umsetzung der Istanbul-Konvention ausreichend finanziert werden. Hierfür würden bereits jetzt 270 Millionen Euro pro Jahr benötigt“, so Klaudia Frieben abschließend.