Frauenring: Entwurf zum 3. Gewaltschutzgesetz kann das Leben von Gewaltopfern gefährden
Frieben: Kritik der ExpertInnen nicht ignorieren!
„Große Bedenken gibt es seitens des Österreichischen Frauenringes und zahlreicher ExpertInnen der Opfer- und Gewaltschutzeinrichtungen am Entwurf des 3. Gewaltschutzgesetz, das noch vor der Nationalratswahl im September beschlossen werden soll“, so Vorsitzende Klaudia Frieben.
Der Frauenring hat am 28. August alle politischen Parteien und zahlreiche ExpertInnen eingeladen, um gemeinsam die besonders kritischen Punkte im Gesetzesentwurf und mögliche Lösungsvorschläge zu diskutieren. „Leider erhielten wir aus unterschiedlichen Gründen bedauerlicherweise Absagen von ÖVP und FPÖ, die den Initiativantrag 970/A Antrag eingebracht haben. Jedoch konnten wir mit den VertreterInnen von SPÖ, NEOS und JETZT sehr konstruktive Diskussionen führen.“
Einige Paragrafen im umfangreichen Gesetzesentwurf1 sind opferschutzrechtlich noch problematisch und nicht ausgefeilt, abgelehnt wird vom Frauenring vor allem die vorgesehene gesetzliche Anzeigepflicht bei einer Vergewaltigung, da zu befürchten ist, dass Betroffene nach einem sexuellen Übergriff die notwendigen medizinischen Untersuchungen nicht mehr vornehmen lassen werden. Auch werden sie in ihrer Entscheidungshoheit eingeschränkt, da gerade Gewaltopfer Bedenkzeit brauchen, um über eine Anzeige zu entscheiden. „Das ist nicht akzeptabel, wenn Frauen statt medizinischer Wiederherstellung ein Verfahren gegen ihren Willen fürchten müssen“, kritisiert Frieben.
Auch die bloße Erhöhung des Strafausmaßes bei Gewaltdelikten ist kein Mittel, um Täter davon abzuhalten. „Schon jetzt wird der bestehende Strafrahmen nicht ausgeschöpft und wenige Gewalttäter verurteilt oder in U-Haft genommen“, was soll dann also eine Erhöhung dazu bringen“, kritisiert der Frauenring scharf und fordert stattdessen wirkungsvollere Maßnahmen und verstärkt finanzielle Mittel zur Prävention und für den Schutz und die individuelle Sorgfaltsplicht für jedes einzelne Opfer.
„Der nun vorliegende Initiativantrag 970/A konnte die vielen Kritikpunkte nicht entschärfen. Gerade die Istanbul-Konvention, zu der sich Österreich vertraglich verpflichtet hat, zeigt auf, welche Maßnahmen notwendig sind,“ so Frieben, „daher gilt unser Appell an die Parlamentsparteien: Folgt nicht populistischen Strömungen, sondern hört auf die Expertinnen! Hier geht es um Menschenleben, um Opferschutz und um den Schutz vor Frauen gegen Gewalt und nicht um billige Polemik“, so Frieben abschließend. „Der Frauenring und die darin vertretenen Expert*innen sind gerne bereit, ihre Erfahrungen und Expertise einzubringen, wenn es um den Schutz von Menschenleben geht!“
Die Unterlagen mit Kritikpunkten und Lösungsansätzen sind auf unserer Website www.frauenring.at abrufbar bzw. beim Frauenring unter office [at] frauenring.at erhältlich.
1) Entwurf zum Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Strafgesetzbuch, das Jugendgerichtsgesetz 1988, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972, die Exekutionsordnung und das Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird und Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden, geändert werden sollen.