Ein EU-Gewaltschutzpaket ohne Vergewaltigung ist kein Gewaltschutzpaket

Montag, 10. Juli 2023 - 3:15

OFFENER BRIEF AN ALLE ABGEORDNETEN, BUNDESREGIERUNG und

BUNDESPRÄSIDENT ALEXANDER VAN DER BELLEN

In der Europäischen Union steht die „Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt" vor Beginn der Trilog-Verhandlungen. Am 9. Juni 2023 hat der Europäische Rat seine Position festgelegt, dabei kam es zu einer negativen Überraschung bei der Beschlusslage.

Die Mitgliedsstaaten – darunter auch die österreichische Regierung – haben sich darauf geeinigt, den Artikel zu Vergewaltigung aus dem Kommissionsvorschlag zu streichen.

Das macht uns fassungslos. Diese Richtlinie ist die einzigartige und einmalige Möglichkeit, Vergewaltigung in der ganzen EU zu bestrafen und (insbesondere) Frauen zu schützen. Vergewaltigung ist eines der schwersten Verbrechen gegenüber Frauen, deshalb ist es mehr als unverständlich, dass Österreich sich hier passiv verhält und nicht offensiv die Aufnahme der Vergewaltigung in diese Richtlinie fordert.

Gerade Österreich hat mit #gewaltgegenfrauen ein massives Problem, das offensichtlich nicht in den Griff zu bekommen ist. Erschütternd ist die Tatsache, dass es einerseits hochkarätige Presseauftritte gibt und zum selben Zeitpunkt bekannt wird, dass Österreich keinen Widerstand innerhalb der Europäischen Union gegen die Aufnahme von Vergewaltigung aber auch sexuellen Übergriffen in der Arbeitswelt leistet.

„Wir erwarten, dass Österreich seine Position auch offiziell ändert und aktiv fordert, dass Vergewaltigung als Tatbestand in das EU-Gewaltschutzpaket aufgenommen wird. Schließen Sie sich Belgien, Griechenland, Italien und Luxemburg an, die sich aktiv dafür einsetzen, dass Vergewaltigung Teil des Paketes ist. Ein geschlechtsspezifisches Gewaltschutzpaket, das Vergewaltigung nicht thematisiert, ist kein Gewaltschutzpaket. Stimmen Sie keiner Richtlinie zu, in der Frauen nach wie vor nicht vor einem solch‘ schweren Verbrechen geschützt werden. Sie würden damit Vergewaltigung eine Daseinsberechtigung geben. Das geht unter keinen Umständen, weil #nurjaheißtja. Bekennen Sie sich zu einer gleichgestellten und gewaltfreien Gesellschaft.“

Klaudia Frieben

Vorsitzende des Österreichischen Frauenringes